Pflanzliche Proteine als zukünftige Ernährung und Chancen für Food Startups

Wie kann die weltweite Ernährung zukünftig sicher gestellt werden? Ist eine Ernährung nur über pflanzliche Proteine sinnvoll und umsetzbar? Welche Chancen gibt es für Food Startups bei der Entwicklung neuer Produkte?

Auf den diesjährigen Tagungen und Konferenzen zum Thema Ernährung wird häufig über eine zukünftige Ernährung durch plant-based proteins diskutiert. Investoren haben das Thema entdeckt und beteiligen sich an Food Startups in Kalifornien mit hohen Summen. Investmentfonds der etablierten Lebensmittelkonzerne folgen ebenfalls diesem Trend, wie das Beispiel von Kellogg´s und Bright Green zeigt. Insgesamt sind 1 Mrd. Dollar im Jahr 2016 in Food Startups in den USA investiert worden.

Zur Zeit leben 7,35 Mrd. Menschen (siehe Grafik: Angaben in Klammern in Prozent) auf der Erde. Liegt der durchschnittliche Proteinbedarf eines Erwachsenen pro Tag bei ca. 50g, wird in fast allen Erdteilen dieser Wert im täglichen Konsum überschritten. In den USA liegt zum Beispiel der tägliche pro Kopf Verzehr von Proteinen bei 90g, mit einem deutlich dominierenden Anteil an tierischen Proteinen im Vergleich zu pflanzlichen Proteinen.

Die Weltbevölkerung wird sich, wie von den Vereinten Nationen prognostiziert, bis zum Jahr 2100 auf 11,21 Mrd. Menschen entwickeln. Dabei wird auch das verfügbare Einkommen in den Schwellenländern wachsen. Ändert sich an den heutigen Tendenzen der weltweiten Ernährungsgewohnheiten nichts, entsteht ein noch größerer Bedarf vor allem an Fleisch und Milchprodukten als Proteinquellen.

Die Ernährung Chinas, mit einer Bevölkerung von 1,4 Mrd. Menschen, gleicht sich zukünftig in vielen Bereichen den Ernährungsgewohnheiten der durchschnittlichen amerikanischen Ernährung an. Dies wird China mit den vorhandenen Möglichkeiten seiner Anbauflächen für Nahrungsmittel vor große Herausforderungen für eine ausreichende Versorgung der dort lebenden Menschen in Bezug auf die zukünftige Ernährung stellen. Durch die prognostizierte Bevölkerungsentwicklung in Afrika und dem restlichen Teil von Asien wird der zukünftige, hohe Bedarf an Proteinen eine noch größere Rolle für die weltweite Ernährung spielen. 

Die Welt ohne Fleisch?

Aus dem ehemals kostbaren und selten konsumierten Produkt Fleisch, von zum Beispiel Schweinen, ist ein Massenprodukt, insbesondere in den USA und Asien, mit enormen negativen ökologischen und sozio-ökonomischen Auswirkungen, geworden. Mit der im Land vorhandenen Agrarfläche, die bewirtschaftet werden kann, wird zum Beispiel China den enormen Bedarf der chinesischen Bevölkerung für Fleisch zukünftig nicht decken können.

Die UN Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation geht davon aus, dass bis zum Jahr 2050 die weltweite Nachfrage nach tierischen Produkten bis zu 70% zunehmen wird. Mit der Aufzucht von Tieren als Proteinquelle für den Menschen werden Unmengen an Land, Wasser und weiterer Ressourcen verbraucht. Eine zukünftige, weltweite Ernährung, die in diesem Maße durch Fleisch als Proteinquelle dominiert wird, ist für das gesamte Öko-System der Erde schädlich. Die Beeinflussung des Klima Wandels durch die Massentierhaltung wird zusätzlich zu einer Umkehr im täglichen Fleisch Konsum führen müssen. In vielen Staaten der Erde entwickelt sich ein Bewusstsein gegen die Massentierhaltung, bei der Tiere unter den widrigsten Bedingungen auf möglichst geringer Fläche aufgezogen werden. Zudem steigt weltweit die Unsicherheit welche gesundheitsgefährdenden Auswirkungen des Fleischkonsums, auf Grund der zahlreichen Meldungen zu Tiererkrankungen (z.B. zur so genannten Vogelgrippe) und dem massiven Einsatz von Antibiotika bei der Züchtung von Tieren, für den Menschen entstehen.

Die vorliegenden Erkenntnisse zur weltweiten Bevölkerungsentwicklung und zur menschlichen Gewohnheit, weiterhin Fleisch als eine Proteinquelle zu nutzen, haben zwei Forschungs,- und Vermarktungsrichtungen für eine zukünftige Fleischproduktion hervorgerufen.

In der einen Bewegung forschen und entwicklen Food Startups Fleisch im Rahmen von zellulärer "Landwirtschaft". In den USA wird hierbei von clean meat gesprochen. Produkte wie Geflügel und Schweinefleisch werden bei diesen Methoden aus tierischen Zellkulturen hergestellt. Die Probleme bei der Massenaufzucht für die Tiere und die ökologischen Auswirkungen der heutigen Tierhaltung können durch diese Verfahren verringert werden. Weltweit ist eine intensive Forschung zu diesem Bereich entstanden. Investoren in den USA haben in Food Startups investiert, die auf diesem Feld neue Fleisch Produkte entwickeln. Neben den Versuchen zur Entwicklung von Ei und Milchprodukten aus Zellen, ist insbesondere die Entwicklung von Hühnerfleisch in Israel interessant. Memphis Meats, ein Unternehmen aus San Francisco, entwickelt ebenfalls aus tierischen Zellen Hühnerfleisch im Labor. 

Impossible Foods aus Kalifornien geht einen anderen Weg. Das Team entwickelt fleischlose Bratlinge für Burger aus Weizen, Kokosöl und Kartoffeln unter Zugabe von pflanzlich gewonnenem Hämoglobin. Beyond Meat ist ein weiteres Beispiel für ein Unternehmen, dass sich auf plant-based Burger, als alternative Proteinquelle, spezialisiert hat. Im Oktober letzten Jahres hat einer der führenden US-amerikanischen Fleisch Produzenten, Tyson Food, in das Unternehmen Beyond Meat investiert.

Sollte zukünftig vollkommen auf Fleisch und tierische Proteine in der weltweiten Ernährung verzichtet werden, um die notwendigen sozio-ökologischen Veränderungen zu erreichen? Welche Chancen bieten sich hierbei für Food Startups?

Pflanzliche Milch Alternativen

Der globale Markt für pflanzliche Getränke, die keine tierische Milch beinhalten, wird vom Marktforschungsunternehmen Innova für das Jahr 2018 auf 16,2 Mrd. Dollar geschätzt. Auch unabhängig davon, ob bei Verbrauchern tatsächlich eine Laktoseintoleranz vorliegt, greifen Konsumenten immer häufiger im Kühlregal ihres Supermarktes zu alternativen pflanzlichen Produkten bei den Produktkategorien Milchgetränke, Joghurts, Desserts und Käse. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem aktuellen Urteil verkündet, dass rein pflanzliche Produkte nicht unter der Bezeichnung Milch angeboten werden dürfen. Es gibt eine Liste von Ausnahmen (z.B. Kokosmilch), die weiterhin die bestehende Bezeichnung führen können.

Eine weitere alternative Proteinquelle wird in vielen Teilen der Erde von Millionen Menschen schon seit Jahren genutzt und ist in den letzten Jahren in den westlichen Ländern stärker in den Vordergrund gerückt. In Europa und in Israel werden Insekten als alternative Proteinquelle von Startups in verschiedenen Produkten angeboten. Ein Beispiel für proteinhaltige Riegel aus Insekten Pulver ist das französische Startup Jimini´s. Das israelische Startup Hargol Food Tech züchtet Heuschrecken in großen Mengen, um sie u.a. in Pulverform als Proteinquelle zur Ergänzung der täglichen Ernährung anzubieten.

 

Auch Produkte aus Algen und Seetang als Proteinquellen und Nährstofflieferanten haben sich im Markt als pflanzliche Alternativen zu tierischen Produkten durchgesetzt. In den USA bietet als Beispiel das Unternehmen Ocean´s Halo und in Europa das deutsche Startup Evergreen Food Produkte aus diesem Bereich an. Snackprodukte aus Kokosnuss, Pilzen, Kichererbsen, Bananen und Sauerkraut existieren schon längere Zeit im Markt. Das Startup Veggie Noodles hat eine pflanzliche Alternative zu herkömmlichen Nudeln mit tierischem Ei etabliert.

Veränderung Durch Food Startups

Nur 1% der Agrarfläche in den USA wird nach ökologisch zertifizierten Richtlinien bewirtschaftet. Dies zeigt, welchen enormen Bedarf es zum Umdenken in einer der größten Industrienationen der Welt gibt. Durch die Arbeit innovativer Food Startups werden neue, rein pflanzliche, Lebensmittel vor dem Hintergrund der weltweiten Bevölkerungsentwicklung, zum Wohlergehen der Tiere und zum Schutz des Planeten entwickelt. Was weltweit für Menschen mit veganer und vegetarischer Ernährung nicht neu ist, wird noch viel Forschungs- und Aufklärungsarbeit zur Erklärung eines notwendigen Wandels in der menschlichen Ernährung für die Gesamtbevölkerung erfordern. Alle genannten Beispiele für alternative Proteinquellen zeigen, welche umfangreichen Änderungen im Nahrungsmittelbereich in den nächsten Jahren geschehen können. Food Startups bieten sich gerade jetzt enorme Chancen, die weltweite Ernährung mit zu bestimmen und eine ökologisch sinnvolle Veränderung herbei zu führen.

Autor: Jens Köster

 

Quellen:

Lebensmittelzeitung

Innova Market Insights

Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen

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